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Zahl der Woche


14 Arten sind bedroht oder bereits ausgestorben - Landesregierung will deshalb Gewässerqualität durch mehr als 10.000 Maßnahmen verbessern

Auf dem Höhepunkt der Rheinfischerei zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden jährlich hunderttausende Lachse und Maifische aus dem Strom gezogen. Während der Lachs uns als Handelsware heute noch gut bekannt ist, ist der Maifisch, eine über vier Kilogramm schwere, wandernde Fischart aus der Familie der Heringsartigen, nach seinem Aussterben im Rhein nahezu vollständig aus unserem kollektiven Gedächtnis verschwunden.


Natur in Zahlen. Grafik: Canva.

Dabei war er über lange Zeit der "Brotfisch" der Rheinfischerei. Die im April und Mai die Flüsse hochziehenden Maifisch-Schwärme waren so groß und unüberschaubar, dass wir sie uns heute nur noch schwer vorstellen können. Die Fischer waren so auf ihn angewiesen, dass sie auch dann noch intensiv und mit immer neuen Methoden nach ihm fischten, als das Ende schon in Sicht war. Als der Ertrag von Lachs und Maifisch nicht mehr lohnte, hat sich die Flussfischerei zunächst auf den Fang von Aalen verlegt. Aalschokker, spezielle Schiffe mit einer ausschwenkbaren Vorrichtung zum Fang mit Netzen und meist ohne eigenen Motor, prägten das Bild des Rheins, bevor die immer weiter zunehmende Wasserverschmutzung auch diesem Berufszweig ein Ende setzte.


Schon seit dem 19. Jahrhundert hatte die zunehmende Einleitung von Abwässern aus der Industrie und dem Siedlungsbereich fatale Folgen für die Wasserqualität des Rheins. Sogar Abwässer aus der chemischen Industrie wurden ungeklärt in den Rhein abgeführt. Der Rhein erholte sich davon nach dem Zweiten Weltkrieg nur kurz, bevor mit dem Beginn der 1950er Jahre das "Wirtschaftswunder" einsetzte und die Übernutzung in den 1970er Jahren auf einen traurigen Höhepunkt zusteuerte. Die wenigen Kläranlagen waren im Krieg zerstört worden. Die schnell wachsende Industrie und fast alle anliegenden Städte und Gemeinden leiteten ihr Abwasser direkt in den Fluss. Die wenigen Fischarten, die unter diesen Bedingungen überleben konnten, waren stark mit Schadstoffen belastet und ungenießbar. Von den Wirbellosen überlebten nur einzelne robuste Arten.


"Der Artenverlust ist neben der Klimakrise die zweite große ökologische Bedrohung für uns und die Art und Weise, wie wir leben", sagte Minister Oliver Krischer. "Auch, wenn wir durch eine ambitionierte Umwelt- und Naturschutzpolitik auch sehr erfolgreiche Projekte und Maßnahmen vorweisen, darf das aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verlust an biologischer Vielfalt trotzdem weitergeht - und teilweise mit ungebremster Geschwindigkeit."

Massive Fischsterben in den Jahren 1969 und 1971 führten letztlich zu einem Umdenken. Der Bau von Kläranlagen und der Rückgang von Einleitungen aus der Industrie führten daraufhin bald zu einer ersten Verbesserung der Wasserqualität und der Rückkehr einer Reihe von Fischarten. Die Gewässergüte des Rheins hat sich seit den 1990er Jahren soweit verbessert, dass der Strom sogar wieder anspruchsvollen Fischarten wie der Nase und der Barbe als Lebensraum dient.


Im Jahr 1993 kehrten die ersten Lachse als geschlechtsreife Fische nach Nordrhein-Westfalen zurück, die im Rahmen des Projekts "Lachs 2000" als Jungfische in der Sieg ausgesetzt wurden. Die stetige Erholung des Ökosystems zeigte sich darüber hinaus in der eigenständigen Rückkehr weiterer Wanderfischarten: Meerforelle, Flunder, Fluss- und Meerneunauge sind heute wieder im Rhein und seinen Zuflüssen anzutreffen.

In den Gewässern Nordrhein-Westfalens leben heute rund 60 verschiedene Fischarten. Davon sind 42 Fischarten heimisch - Fachleute sagen auch "autochthon" und meinen damit: nachweisbar vor dem Jahr 1492. Die übrigen Fischarten haben sich nur mit Hilfe des Menschen hier ansiedeln können - zum Beispiel, um sie als Speisefische nutzen zu können. Zu diesen Arten gehört auch der Zander, ein Raubfisch, der seit 1890 in die Gewässer Nordrhein-Westfalens ausgesetzt wurde. Von den ehemals 45 heimischen Arten sind 14 akut bedroht oder bereits ausgestorben, weitere sechs stehen auf der Vorwarnliste.

Die Landesregierung will mit einem umfassenden Maßnahmenpaket die Gewässer in Nordrhein-Westfalen ökologisch aufwerten und damit die Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten verbessern. Mehr als 10.000 Maßnahmen sind als Bestandteil des nordrhein-westfälischen Bewirtschaftungsplans 2022-2027 für die Flussgebiete Rhein, Weser, Ems und Maas geplant. Mit den Maßnahmen sollen die europäischen Ziele der Wasserrahmenrichtlinie in Nordrhein-Westfalen umgesetzt werden. Zu den Maßnahmen gehören zum Beispiel der Neubau oder die Optimierung von Kläranlagen, die Reduzierung von Schadstoff-Einträgen, die Entwicklung von Auen oder Maßnahmen zur Verbesserung der Wandermöglichkeiten für Fische.

"Umwelt und Natur sind Grundlagen von Ernährung, Heimat, Wirtschaft und Erholung. Ohne eine intakte Natur gefährden wir diese Grundlagen", sagte Minister Krischer. "Die Landesregierung hat sich deshalb vorgenommen, mit einer Vielzahl von Maßnahmen und einer umfangreichen Finanzierung die Biodiversitätskrise wirksam zu bekämpfen und in allen Politikfeldern mitzudenken."



 

Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen

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