Zeit der Lebendigkeit
- amaara® anna m.drack
- 21. Juni 2022
- 3 Min. Lesezeit

Punkt 21:37 Uhr am 20.6.2022 eröffnete die Berliner Innensenatorin Iris Spranger offiziell die Special Olympics Nationalen Spiele Berlin 2022. Danach entzündeten die „Gesichter der Spiele“, Robert Herberg und Lilly Binder, die Special Olympics Flamme. Zuvor feierten Athlet*innen, Delegationen, Angehörige und Zuschauer*innen im Innenraum wie auf den Tribünen des Stadions An der Alten Försterei ein glanzvolles Spektakel auf der Bühne. Höhepunkt im Show-Programm: der Auftritt der Berliner Band MiA, die mit ihrem ersten Sommerkonzert begeisterten. Es ist Zeit, sich lebendig zu fühlen
Robert Herberg und Lilly Binder tragen als „Gesichter der Spiele“ die Vision der Special Olympics in die Öffentlichkeit

Die Terminkalender von Robert Herberg und Lilly Binder sind gut gefüllt. Beide treten seit Ende März als „Gesichter der Spiele“ für die Special Olympics Nationalen Spiele Berlin 2022 auf und haben seither viel Werbung für die Veranstaltung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung vom 19. bis 24. Juni in Berlin gemacht. Täglich kommen neue Anfragen und Aufgaben dazu. Allein am Eröffnungs-Wochenende der Nationalen Spiele Berlin 2022: Samstagfrüh ab acht Uhr die Probe für die Eröffnungsfeier, am Nachmittag bei brütender Hitze die Fackelübergabe am Neptunbrunnen, am Sonntagmorgen die Auftakt-Pressekonferenz und am Abend die Eröffnungsfeier im Stadion An der Alten Försterei. Und dazwischen immer wieder Interviews.
Ich glaube, das wirklich Anstrengende kommt jetzt noch“, sagt Lilly Binder auf dem Rückweg vom Fackellauf am Neptunbrunnen mit Athlet Robert Herberg. Beide suchen erst mal einen Schattenplatz auf, kühle Getränke helfen gegen die Hitze. „Jetzt haben wir fast jeden Tag Termine.“ Lilly Binder und Robert Herberg wirken aber nicht so, als mache ihnen das irgendetwas aus. Im Gegenteil, sie strahlen um die Wette. „Das macht doch einfach viel Spaß“, sagt Robert Herberg, „ich freue mich immer noch sehr, dass ich als ´Gesicht` ausgewählt wurde. Es ist einfach schön, das mit Lilly hier zu machen.“ Heftig nickend stimmt die Unified Partnerin Lilly Binder zu. Auch sie freut sich immer noch riesig, dass diese Aufgabe wahrnehmen zu dürfen, und genießt jeden Tag. Hitze ist kein Hindernis. Für den Athleten Herberg und die Unified Sports® Partnerin Binder ist es ein großes Anliegen, den inklusiven Sport und damit natürlich auch Special Olympics und die Nationalen Spiele Berlin 2022 bekannter zu machen. Viel zu wenig in der Öffentlichkeit werde die Bewegung noch getragen bemängeln beide.

„Alle könnten Sport treiben. Radfahren auf dem Tandem zum Beispiel. Wer nicht so mobil ist, der lenkt und bewegt die Pedale, und der andere übernimmt halt mehr“, sagt Herberg. „Es könnten ganz bestimmt noch viel mehr Menschen teilnehmen, wenn sie nur davon wüssten.“ Und wenn es noch mehr inklusive Angebote geben würde. Es gebe noch zu wenige Menschen, die inklusive Sportgruppen anleiten können, sagt Lilly Binder: „Es fehlt wirklich an Personal.“ Robert Herberg nickt: „Viele wissen nicht so genau, wie sie mit uns umgehen sollen. Dabei ist das gar nicht so schwierig. Man muss nur genau auf uns eingehen und uns genau sagen, was wir tun sollen.“ Binder kam schon von klein an in Berührung mit Menschen mit Behinderung. Ihre Mutter arbeitet in diesem Bereich und hat die Tochter immer mitgenommen. Die inklusive Sportgruppe der SG Schwanebeck 98, in der die 14-jährige Schülerin seit zwei Jahren mit großem Vergnügen trainiert, war da nur die logische Konsequenz. „Menschen mit Behinderung können genauso Sport treiben und Spaß haben“, sagt sie, „und es macht wirklich viel Spaß.“ Auch sie erlebt, dass viele Menschen inklusiven Sport und Special Olympics gar nicht kennen. In ihrer Rolle als ein „Gesicht der Spiele“ hat sie das Thema in ihrer Schule vorgestellt. „Das hat alle sehr interessiert. Sie hatten davor aber noch nie etwas gehört.“ Beide hoffen, dass sich das dank der Nationalen Spiele in diesem und der Weltspiele im kommenden Jahr ändern wird.

Binder wird in der kommenden Woche bei der Leichtathletik in der 4x100 Meter Unified Mixed Staffel im Hanns-Braun-Stadion mitlaufen. Herberg startet bei den Radrennen auf der Straße des 17. Juni für die Lichtenberger Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Dort arbeitet er in der Datenreduzierung. Er hat bereits viel Erfahrung in seinem Sport. 2006 hat der heute 40-Jährige dank eines engagierten Trainers in der Werkstatt mit dem Radsport begonnen. An sieben Nationalen Spielen und an zwei Weltspielen hat er teilgenommen, neben zahlreichen Titeln auf nationaler Ebene bei den Weltspielen in Los Angeles 2015 zwei Goldmedaillen gewonnen. Beide freuen sich sehr auf ihre Wettbewerbe in den nächsten Tagen, so langsam steigt auch die Nervosität. Nicht wegen der Auftritte als „Gesichter der Spiele“. Daran haben sie sich mittlerweile gewöhnt. Als Team sind sie längst eingespielt, beide verstehen sich blendend, sie lieben und leben ihre Rollen. Die Aufregung gilt vielmehr dem Start bei den Wettbewerben und natürlich auch dem Auftritt am Abend bei der Eröffnungsfeier im heimischen Berlin. „Man ist nach den Spielen nicht mehr derselbe“, sagt Robert. „Es sind bleibende Eindrücke, man hat im Kopf viel Freude und strahlt sie lange Zeit danach noch aus. Es ist wie eine große Familie, die ein Motto hat: gemeinsam starten, gemeinsam gewinnen.“
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