Als im vergangenen Winter Schul- und Kitakinder pandemiebedingt zuhause bleiben mussten, schien die größte Sorge oft den entstehenden Wissenslücken zu gelten. Dabei fehlte den Kindern und Jugendlichen viel mehr als nur ein Ort zum Lernen.
Gereizt, einsam, streitlustig, traurig, unruhig – die meisten Kinder und Jugendliche haben unter den Kita- und Schulschließungen 2020/2021 gelitten. In einer repräsentativen forsa-Umfrage nannten Eltern eine Vielzahl negativer Gefühle und Verhaltensweisen, die sie an ihrem Nachwuchs in dieser Zeit festgestellt hatten. Die fehlende Betreuung in Kita und Schule wurde in vielen Familien zwangsläufig durch einen verstärkten, häufig unbetreuten Medienkonsum ersetzt. Bereits die Rückkehr in ein eingeschränktes Wechselunterrichtmodel sorgte bei mehr als der Hälfte der Schulkinder für Freude.
Breites Spektrum, hohe Ansprüche
Sicher – auch die Vermittlung von Wissen ist in der Pandemie teilweise auf der Strecke geblieben. Doch Lehrpläne orientieren sich nicht umsonst vor allem an Kompetenzen, deren Aneignung auch in der Kita im Mittelpunkt steht. Das Spektrum reicht vom eigenständigen Anziehen der Schuhe und führt bis zur reflektierten Nutzung digitaler Medien. Kinder und Jugendliche lernen zudem, dass es Vertrauens- und Bezugspersonen außerhalb ihrer Familie gibt. Sie entdecken einen Ort für sich, an dem sie soziale Kontakte knüpfen, sich idealerweise geschützt und wohlfühlen. Wird ihnen der Zugang verwehrt, hat das weitreichende Konsequenzen.
An Kitas und Schulen wird auch Erziehungsarbeit geleistet, muss das Fachpersonal mit jungen Menschen umgehen, die verschiedene Persönlichkeiten, Fähigkeiten und Hintergründe mitbringen. In der Schule sollen Lehrkräfte einen zeitgemäßen, individuellen Unterricht für eine oft heterogene Klassengemeinschaft anbieten. „Der Lehrberuf wird einer der herausforderndsten in der Zukunft sein“, meint Jürgen Böhm, Vorsitzender des Verbands Deutscher Realschullehrer, im Interview zur didacta 2021. „Fachliches Wissen bleibt die Grundvoraussetzung. Viel wichtiger sind aber in Zukunft auch die kommunikativen Fähigkeiten.“ Aus Böhms Sicht benötigen Lehrkräfte ein Instrumentarium an Kompetenzen, um ihre vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können „Ich fordere seit Jahren schon eine digitale Grundausbildung für Lehrkräfte, auch an den Universitäten. Lehrkräfte brauchen zudem Fähigkeiten im Umgang mit Diversität. Wir brauchen gestählte Persönlichkeiten, die klar wissen, was sie wollen und wie sie mit Kindern und Jugendlichen umgehen wollen.“
Die Zukunft stärken
Als „Aufgabe von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung“ beschreibt die Bundesregierung inzwischen auch die Arbeit der rund 58.500 Kitas deutschlandweit. Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder seit 2019 finanziell dabei, die Qualität der Kindertagesbetreuung weiterzuentwickeln. Mehr als die Hälfte der Mittel werden zur Stärkung des Personals eingesetzt. Der Evaluationsbericht vom September 2021 zeigt nun, dass die Handlungsfelder „Fachkraft-Kind-Schlüssel“, „Gewinnung und Sicherung von Fachkräften“ und „Stärkung der Leitung“ für die Qualität in der frühkindlichen Bildung von besonderer Bedeutung sind. Die damalige Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht hat im September angekündigt, das Engagement in der nächsten Legislaturperiode „unbedingt“ fortzusetzen: „Denn kleinere Gruppen, bessere Personalschlüssel und qualifizierte Fachkräfte sind wichtig, um jedes Kind gut zu fördern.“
Quo vadis?
Die Pandemie hat nicht nur gezeigt, wo es gerade bei der Digitalisierung der Schulen noch hakt, sondern auch wie wichtig Bildungsorte für unsere Gesellschaft sind. Wie breit das Spektrum ihrer Leistung und ihrer Herausforderungen ist. Inklusion, politische Bildung, Medienkompetenz, vergleichbare Abschlüsse …: Die gesellschaftlichen Erwartungen an Schule und Kita bleiben hoch – ihre Qualität zu gewährleisten, ist eine Daueraufgabe. Denn in Kita und Schule wird sie geprägt: die Zukunft unserer Gesellschaft.
© didacta themendienst
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