Dem Aquariums-Team des Kölner Zoos ist erstmals die Nachzucht von „Natalias Nackenstachlern“ (Acanthosaura nataliae) gelungen. Vier der insgesamt acht geschlüpften Jungtiere sind derzeit in der Aufzuchtstation im Schaubereich des Terrariums zu sehen. Besucher können die Tiere dort beim Klettern und Fressen gut beobachten.
Sie schlüpften zwischen Mai und Juni 2022. „Natalias Nackenstachler“ ist eine kaum bekannte, sehr hübsche Agamenart. Sie wurde erst vor einigen Jahren in Vietnam entdeckt und von dort aus wissenschaftlich erstbeschrieben. Inzwischen sind die Echsen auch in Laos und Kambodscha nachgewiesen. „Natalias Nackenstachler“ werden nur selten in Menschenhand gehalten und dementsprechend auch kaum vermehrt. Die Kölner Terrarianer können nun wichtige Rückschlüsse über Fortpflanzung, Aufzucht und generell die Biologie dieser Echsen dokumentieren. Zudem helfen sie, helfen eine Reservepopulation dieser nur kleinräumig verbreiteten und von Regenwaldverlust bedrohten Agamenart aufzubauen. Diese Nackenstachlerart wird mit über 40 Zentimetern Gesamtlänge relativ groß.
Beide Geschlechter tragen eine schwarze Augenbinde. Die Männchen weisen zur Paarungszeit einen auffällig bunten, hübsch orange, rötlich bis blau gezeichneten Kopf auf. Weibchen bleiben durchgehend grün gezeichnet. Die Abgrenzung der einzelnen Nackenstachler-Arten ist noch unzureichend untersucht, so dass es auch heute noch zu Entdeckungen, also Artbeschreibungen in dieser Gruppe kommt. Die heute vorgestellte Art wurde im Jahr 2006 nach Natalia Ananjeva vom Zoologischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg für ihre Verdienste in der Agamenforschung benannt.
Natalias Nackenstachler“ ist eine tagaktive, kletternde Art. Sie besiedelt die mittlere Baumvegetation, doch sind diese Agamen bisweilen auch in Büschen, auf Baumstümpfen oder sogar am Regenwaldboden zu finden. Es werden bis zu 16 Eier abgelegt, die rund sechs Monate bis zum Schlupf der Jungtiere brauchen. Diese Art ist nur eine von 35 Amphibien- und Reptilienarten aus Vietnam, die – zum Teil hoch bedroht - im Kölner Aquarium ein neues zuhause gefunden haben und dort vermehrt und anschließend teils wieder zurück in ihre Heimat Vietnam gebracht werden, um die Bestände zu stärken.
Das Aquariums-Team des Kölner Zoos leistet in vielen Bereichen Pionierarbeit. Drei Beispiele: Arche-Prinzip und Artenschatz-Schützer: Das Aquariums-Team treibt insgesamt konsequent die Philosophie voran, verstärkt bedrohte Arten bei sich aufzunehmen, zu vermehren und in Kooperation mit anderen Zoos und Einrichtungen stabile Reservepopulationen in Menschenhand aufzubauen. Diese können dann beispielsweise in Ursprungsgebiete der bedrohten Arten rückgeführt werden, um die dort unter Druck stehenden Wildbestände zu stärken. Artenschutz aus einem Guss: Paradebeispiel dafür ist die Nachzucht bei den Philippinenkrokodilen, eine der am stärksten gefährdeten Panzerechsen der Erde. Der Kölner Zoo war der erste in Europa, dem dies gelang. Zwei Nachzuchten konnten 2020 auf die Philippinen rückgeführt werden, um die Population der nur noch etwa 100 wildlebenden Individuen zu stärken. Das ist gelungener Artenschutz aus einem Guss - von A wie Ausbrüten über E wie Erforschung und G wie Großziehen bis Z wie Zurückführen! Man kann nur schützen, was man kennt: Auch bei der Datenerfassung zu bedrohten Tierarten gehen die Kölner Zoo-Biologen um Aquariumskurator Prof. Dr. Thomas Ziegler voran. Erst jüngst haben sie einen neuen Forschungsansatz entwickelt, der den internationalen Artenschutz stärkt. Sie bauten ein Erhebungsschema auf, mit dem das Vorkommen bedrohter Tierarten einerseits in ihren Naturlebensräumen und andererseits in Zoos exakt und umfassend dokumentiert werden kann. So können u.a. Lücken im Artenschutz aufgedeckt und neue Synergien zwischen der Artenschutzarbeit im Freiland und dem Artenschutzengagement in Zo eschaffen werden. Die von Studierenden der Universität zu Köln durchgeführten Erhebungen haben z.B. völlig neue und umfassende Überblicke über viatnamesischeAmphibien und Reptilien erbracht, die nun u.a. auf vietnamesischer Regierungsebene Basis für neue Schutzkonzepte sind. Weitere Analysen laufen derzeit für bedrohte Wirbeltiere aus Madagaskar und Myanmar.
. Christoph Schütt
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